Mietanpassung begründen: Wie alt darf der Mietspiegel sein?

Eine Mieterhöhung muss der Vermieter begründen – in der Regel hilft dabei der Mietspiegel. Gerade bei privaten Kleinvermietern, die selten die Miete anpassen, stellt sich dabei leicht die Frage: Wie alt darf der Mietspiegel sein? Mit diesem Thema hat sich jetzt der Bundesgerichtshof beschäftigt. Das Urteil liefert zumindest eine grobe, grundsätzliche Einschätzung zur Sachlage.

Mietspiegel: Sollte nicht zu weit in die Vergangenheit blicken

Eine Mieterhöhung muss der Vermieter begründen – in der Regel hilft dabei der Mietspiegel. Gerade bei privaten Kleinvermietern, die selten die Miete anpassen, stellt sich dabei leicht die Frage: Wie alt darf der Mietspiegel sein? Mit diesem Thema hat sich jetzt der Bundesgerichtshof beschäftigt. Das Urteil liefert zumindest eine grobe, grundsätzliche Einschätzung zur Sachlage.

Karlsruhe. Will ein Vermieter eine Mieterhöhung durchsetzen, darf er zur Begründung keinen veralteten Mietspiegel heranziehen. Ein rund 20 Jahre alter Mietspiegel sei in jedem Fall zu alt, weil ein Mieter daran nicht ablesen könne, ob die Anpassung der Miete gerechtfertigt ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt entschieden (Urteil vom 16.10.2019, Az.: VIII ZR 340/18). Ab wann der Mietspiegel zu alt ist, präzisierten die Bundesrichter allerdings nicht.

Der konkrete Fall spielte sich in Magdeburg ab. Anfang 2017 hatte dort eine Hausverwaltung eine Mieterin um seine Zustimmung zu einer Mieterhöhung gebeten. Die Miete sollte dabei um 60 Euro von 300 auf 360 Euro steigen. Zur Begründung zog die Hausverwaltung den Magdeburger Mietspiegel von 1998 heran – das Dokument war also fast 20 Jahre alt. Die Mieterin verweigerte deswegen die Zustimmung und die Sache ging vor Gericht.

BGH: 20 Jahre alter Mietspiegel taugt nicht mehr als Begründung

Am Ende musste der Bundesgerichtshof (BGH) über den Fall entscheiden. Die Bundesrichter kamen zu dem Schluss, ein knapp 20 Jahre alter Mietspiegel sei in jedem Fall zu alt, um eine Mietanpassung begründen zu können. Sie sprachen dem Mieter daher das Recht zu, der Mieterhöhung nicht zuzustimmen. Zur Begründung verwiesen die Richter darauf, dass der Wohnwert einer Immobilie „typischerweise mit fortschreitender Zeit einem Wandel“ unterliege. Ein einst gehobenes Ausstattungsmerkmal könne mit den Jahren zum Standard geworden sein.

Außerdem könnten strukturelle Veränderungen vor Ort die Bewertung der Wohnlage mit der Zeit verändern. Angesichts dessen könne man nicht davon ausgehen, dass ein jahrzehntealter Mietspiegel noch eine hinreichende Aussagekraft besitzt. Das Urteil bedeutet aber nicht, dass der betroffene Vermieter auf seine Mietanpassung verzichten muss. Der Vermieter hat grundsätzlich das Recht, die Miete bis zur ortüblichen Vergleichsmiete anzuheben, falls es in den letzten 15 Monaten nicht schon eine Erhöhung gegeben hat.

Ab wann ist ein Mietspiegel zu alt? BGH zieht keine klare Grenze

Der Bundesgerichtshof betonte, dass die Begründung für eine solche Mieterhöhung nicht unbedingt auf den örtlichen Mietspiegel zurückgreifen muss. Wenn keiner – oder eben kein aktueller – zur Verfügung steht, gibt es andere Möglichkeiten. Das Gericht verwies unter anderem auf die Option, die Miete dreier vergleichbarer Wohnungen als Maßstab anzuführen. Wichtig: Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil nicht entschieden, wie alt ein Mietspiegel für die Begründung einer Mietanpassung maximal sein darf. Er hat nur festgestellt, dass fast 20 Jahre definitiv zu viel sind.

Das ist insofern bedauerlich, als die Frage nach der Aktualität von Mietspiegeln auch politische Brisanz hat. In ihrem Streben nach immer stärkeren Begrenzungen von Mietsteigerungen fordern Politiker des linken Spektrums immer wieder, den Betrachtungszeitraum der Mietspiegel zu erhöhen. Wie berichtet hat die Bundesregierung unlängst tatsächlich eine Verlängerung von 4 auf 6 Jahre beschlossen. Die Genauigkeit der Mietspiegel sinkt dadurch. Es bleibt abzuwarten, wie die Justiz damit umgehen wird.

Begründung der Mieterhöhung: Wissenswerte Urteile

Rund um die Begründung der Mietanpassung kommt es immer wieder zu Streit zwischen Mieter und Vermieter. So verwundert es nicht, dass die Gerichte inzwischen eine Vielzahl an Urteilen zu diesem Themenkreis gesprochen haben. Wir haben einige interessante Entscheidungen aus diesem Bereich für Sie zusammengestellt – die Reihenfolge ist chronologisch, nicht wertend:

09.10.2019
Mietanpassung: Wann darf Mietspiegel aus Nachbarort aushelfen?

11.03.2019
Mietanpassung mit einfachem Mietspiegel: Reicht das vor Gericht?

14.12.2018
Mieterhöhung: Mietspiegel einer anderen Kommune als Vergleich?

06.11.2018
Mieterhöhung begründen: Nicht mit Daten vom Immobilienscout!

15.01.2016
LG Berlin: Berufung gegen das „Mietspiegel-Urteil“ des Amtsgerichts Charlottenburg zurückgewiesen

04.07.2013
BGH: Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete als Voraussetzung für Mieterhöhungen

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

zurück zum News-Archiv