Nach Zwangsversteigerung: Eigenbedarfskündigung trotz Ausschluss im Mietvertrag?

Manchmal lassen sich Vermieter darauf ein, im Mietvertrag eine Eigenbedarfskündigung auszuschließen. Wenn die Wohnung später zwangsversteigert werden muss, kollidiert diese Vereinbarung jedoch mit dem Zwangsversteigerungsrecht: Das gewährt dem Ersteigerer einer vermieteten Wohnung ein Sonderkündigungsrecht wegen Eigenbedarf. Was gilt im Zweifel?

Manchmal lassen sich Vermieter darauf ein, im Mietvertrag eine Eigenbedarfskündigung auszuschließen. Wenn die Wohnung später zwangsversteigert werden muss, kollidiert diese Vereinbarung jedoch mit dem Zwangsversteigerungsrecht: Das gewährt dem Ersteigerer einer vermieteten Wohnung ein Sonderkündigungsrecht wegen Eigenbedarf. Was gilt im Zweifel?

Karlsruhe. Wer eine Wohnung im Rahmen einer Zwangsversteigerung ersteigert, hat ein Sonderkündigungsrecht. Das erlaubt es dem neuen Eigentümer, den bisherigen Mieter der Wohnung wegen Eigenbedarfs zu kündigen. Wenn der Mieter im Zwangsversteigerungsverfahren keine Ansprüche angemeldet hat, gilt das Sonderkündigungsrecht auch dann, wenn im Mietvertrag eine Eigenbedarfskündigung ausgeschlossen wurde. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich entschieden (Urteil vom 15.09.2021, Az.: VIII ZR 76/20).

Damit regelten die Bundesrichter einen Fall, der sich in München abgespielt hatte. Dort war eine vermietete Eigentumswohnung per Zwangsversteigerung in neue Hände gekommen. Der neue Eigentümer hatte die Wohnung für seinen Sohn erworben. Damit dieser einziehen kann, kündigte er dem Mieter wegen Eigenbedarfs – nur vier Tage, nachdem er die Wohnung erworben hatte. Der Mieter akzeptierte die Kündigung allerdings nicht und weigerte sich, auszuziehen. Im Mietvertrag war nämlich ein Verzicht auf Eigenbedarfskündigung vereinbart.

Der neue Wohnungseigentümer wehrte sich mit einer Räumungsklage und siegte vor allen Instanzen. Schlussendlich scheiterte auch die Revision des Mieters vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die obersten Zivilrichter bestätigten die Ansicht der Vorinstanzen: Die Eigenbedarfskündigung des Vermieters ist wirksam. Das Zwangsversteigerungsgesetz (ZVG) gibt dem Ersteigerer einer vermieteten Wohnung ein Sonderkündigungsrecht. Es erlaubt die ordentliche (fristgemäße) Kündigung wegen Eigenbedarfs zum erstmöglichen Termin.

Umgehende Eigenbedarfskündigung nach Zwangsversteigerung möglich

So war es auch hier geschehen, der neue Eigentümer hatte die Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Erwerb ausgesprochen. Sein Eigenbedarf, die Wohnung durch den Sohn bewohnen lassen zu wollen, war nach den Feststellungen der Gerichte berechtigt. Und weil es zu den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gehört, kann das Sonderkündigungsrecht auch nicht durch eine Vereinbarung im Mietvertrag ausgehebelt werden, stellte der BGH fest. Die Richter erklärten zugleich, dass es für den Mieter einen Ausweg gegeben hätte.

Wenn der Mieter im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens sein Mietrecht angemeldet hätte, dann hätte man dem Käufer den Zuschlag unter Ausschluss des Sonderkündigungsrechts erteilten können. Das hatte der Mieter in diesem Fall jedoch nicht gemacht, so dass der Käufer den Zuschlag ohne einen Kündigungsausschluss erhalten hatte. Damit hatte der Mieter im Nachhinein keine rechtliche Möglichkeit mehr, gegen die Eigenbedarfskündigung vorzugehen. Mit diesem Urteil hat der BGH Wohnungskäufern klar den Rücken gestärkt.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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